In der Schweiz gibt es doch so einige Orte wo man sich bei einem Besuch in einem Tourismus Werbespot vorkommt. Ganz einfach aus dem Grund, weil alles so schön perfekt schweizerisch ist. So ein Ort ist Gruyères im Kanton Fribourg.
Der Ort ist hübsch und übersichtlich, die Berge sind im Hintergrund zu sehen, ein Fondueduft weht durch die Strassen und vor jeder Haustüre steht eine Holzbank. Und dazu natürlich die obligate Gruppe Japaner, die einem garantiert immer im Weg steht. Genau so ist es in Gruyères. Das Städtchen toppt aber alles noch einmal. Es gibt nämlich auch noch eine Schokoladenfabrik in der Umgebung. Ja, wirklich. Eine Schokoladenfabrik.
Ich reise nicht zum ersten Mal nach Gruyères. Aber ich wollte einfach unbedingt wieder einmal hier hin, denn das letzte Mal hat es mir super gut gefallen. Ich wollte meine Erinnerung auffrischen, das H.R. Giger Museum nochmals besuchen und den Ort mit etwas anderen Augen wahrnehmen als das letzte Mal.
Das H.R. Giger Museum ist etwas vom ersten was ich in Gruyères besuche, darauf habe ich mich am meisten gefreut. Es ist nicht nur den Künstler selbst den ich mag, auch dass das Museum in Gruyères liegt. Gruyères ist Sonnenseite, Schokoladenschweiz, Klischee pur. Und dann ist mitten in dieser Idylle die teils extrem verstörende Kunst von H.R. Giger. Diesen Kontrast muss ich einfach lieben!
Wer ist denn H.R. Giger eigentlich genau? Liebst du Horrorfilme oder fühlst dich in der Death- und Black-Metal Szene zu Hause, dann kennst du H.R. bestimmt. Oder du bist ganz einfach Schweizer, dann kennst du ihn wahrscheinlich auch, ist er doch einer der wenigen Oscarpreisträger aus unserem kleinen Land. Dieser wurde ihm 1980 für seine Mitarbeit in „Alien“ in der Kategorie „Beste visuelle Effekte“ verliehen.
Ich persönlich mag ihn, weil er so ist wie er ist. Oder war. H.R. Giger lebt nicht mehr. Er war komisch, faszinierend und irgendwie nicht fassbar. Aber solche Sätze wie ich auf Wikipedia gefunden habe, sagen bereits einiges über ihn aus: „Wiederkehrendes Thema seiner Werke ist der von ihm geprägte Begriff der Biomechanoiden, für seinen Stil in einem düsteren surrealistischen Sujet Kreatürlich-Organisches mit Technisch-Mechanischem, im verstörenden bis morbiden Zusammenspiel mit sexuellen Andeutungen, zu verschmelzen.“
Den Satz muss man mindestens dreimal lesen, bevor man auch nur andeutungsweise versteht, was damit gemeint sein soll. So ist das auch bei seinen Bildern und Skulpturen. Ich kann sie anschauen und bin gleichermassen angeekelt und fasziniert davon. Und das muss ein Künstler erst einmal schaffen. Seine Kunst bleibt jedenfalls unvergleichlich und wird nicht so schnell vergessen.
Um nach dem düsteren Museumsbesuch die Schweizer Idylle in Gruyères besser aufnehmen zu können, gibt es den perfekten Zwischenstopp: Einen Kaffee in der Giger Bar. Die befindet sich gleich vis-à-vis des Museums und hat es in sich. Wände aus Rückgrat, waschechte Gigersessel an der Bar und beobachtet wird man von Kinder-Köpfen. Die perfekte Akklimatisation für die Erkundung von Gruyères.
Denn diese lohnt sich. Das Städtchen ist einfach eine Augenweide. Obwohl es klein ist, brauche ich eine Ewigkeit um es zu durchqueren. Überall muss ich noch ein Foto schiessen. Hier noch eine hübsche Sitzbank vor dem Haus, da der Brunnen mit den Geranien und auch noch die schönen Fassaden mit dem Kranich, dem Wappentier von Gruyères.
Das Städtchen wird vom Schloss Gruyères überragt. Dieses gehört zweifelsohne zu den schönsten Schlössern der Schweiz. Es liegt 830 Meter über Meer und wurde zwischen 1270 und 1282 erbaut. Ein Rundgang durch das Schloss ist eindrücklich, wobei ich eine Führung empfehle. Es ist ein ganz anderes Erlebnis, wenn man die Räumlichkeiten von einer kundigen Person erklärt bekommt, als einfach planlos hindurchzustolpern.
Ich habe ja ein etwas gespaltenes Verhältnis zu Führungen, denn oft sind sie nicht für vieles zu gebrauchen. Im Schloss Gruyères ist das aber definitiv nicht der Fall und lohnt sich ganz bestimmt. Es gibt auch einen Film anzusehen, welcher einem das Leben dazumal und die Herrschaft der Landvögte etwas näher bringt.
Schoggi, Käse und Natur pur
Wer nach Gruyères reist, will in der Regel zwei Dinge sehen (und essen): Schoggi und Käse. Um Schokolade zu erleben, habe ich das Maison Cailler in Broc besucht. Das liegt gleich neben Gruyères. Hier kommt die meiner Meinung nach Weltbeste Schokolade her: Cailler. Dementsprechend aufgeregt bin ich beim Besuch. Ich freu mich tatsächlich wie ein kleines Kind!
Zuerst erfährt man alles über Schokolade, von der Entdeckung bis hin zur heutigen Verarbeitung, in einem wirklich toll gemachten und animierten Rundgang. Obwohl wir von Raum zu Raum gehen, reisen wir gleichzeitig durch Zeiten und Kontinente, auf Schiffen und in Fabriken. Eine Entdeckungstour die Lust auf mehr macht. Und das kriege ich auch! Danach wird nämlich die Produktion 1:1 vorgeführt und mit mit vielen Informationen untermauert. Schlussendlich wird mir noch beigebracht, wie sich Schokolade richtig kosten lässt und worauf man dabei zu achten hat. Und zum Schluss: Ja, kommt die tatsächliche Verköstigung und es kann Cailler Schokolade in den verschiedensten Variationen und Geschmacksrichtungen gekostet werden.
Um gleich beim Essen zu bleiben: Käse. Der Käse aus Gruyères gehört zu den Allerbesten. Da wird es wieder einmal Zeit, mir die Käseherstellung anzusehen. Aber nicht eine übliche Fabrik, nein, eine Alpkäserei. Davon gibt es leider immer weniger, da Gruyères aber in den Freiburger Voralpen liegt, gibt es einige in der Umgebung. Wir fahren nach Cerniat und besuchen die Alpkäserei von Yvan Brodard. Es lässt sich nicht mit dem Auto hinfahren, das letzte Stück müssen wir zu Fuss zurücklegen, da es einfach zu steil ist für das Auto.
Als ich den winzigen Raum betrete, die grossen Käsekessel über dem Feuer sehe, die Kühe nebenan muhen höre und den vertraute Geruch wahrnehme, werde ich augenblicklich in die Vergangenheit zurückkatapultiert. Und zwar auf die Alp in Grindelwald, wo ich als kleines Mädchen meinem Grossvater beim Käsen geholfen habe. Gut, ich bin wohl eher im Weg gestanden als dass man mich wirklich für was gebrauchen konnte. Dafür war ich zu klein. Aber die Erinnerungen sind sofort präsent.
Ich bekomme spannende Informationen zur Produktion des Gruyère AOP und darf dabei sein, als sie den Käse zum Pressen bereitstellen. Und natürlich darf ich auch hier den frisch hergestellten Käse probieren.
Zurück in Gruyères lässt es sich wunderbar Übernachten und Essen. Eine Übernachtung lohnt sich ganz besonders, denn wenn ab 17 Uhr alle Tagestouristen verschwunden sind, kehrt Ruhe ein im Ort. Es lässt sich spektakulär den Sonnenuntergang beobachten und anschliessend ein lecker Fondue oder Raclette essen. Das ist ein Muss in Gruyères, schliesslich kommt hier der beste Käse überhaupt her.
Die Region Fribourg mit Gruyères ist einfach wunderbar. Hier findet sich ein wunderschöner Flecken traditioneller Schweiz. Und es gäbe noch so vieles mehr zu sehen! Weitere tolle Wanderungen in Charmey, auf den Moléson oder Skifahren im Winter. Oder lieber etwas relaxen? Dann stehen Les Bains de la Gruyère zur Verfügung. Ausserdem gibt es noch ein Tibet Museum, Genussrouten, Bergseen und…. ach, ich höre jetzt auf damit. Geh einfach selber vorbei und schau es dir an!
Für mich ist es das zweite, aber bestimmt nicht das letzte Mal in Gruyères. Es gibt noch vieles zu entdecken da. Ausserdem kriege ich einfach nicht genug von Meringues mit Doppelrahm. Und das ist nirgendwo besser als in Gruyères.
Warst du auch schon da? Was hat dir in Gruyères am besten gefallen?
**Ich bedanke mich bei Le Gruyère Tourisme für die Unterstützung der Reise. Wie immer kannst du dir sicher sein, dass ich hier meine ganz persönliche Meinung vertrete. Ich bin übrigens durch das Angebot von 8auszeiten auf Gruyères aufmerksam geworden.**